PISA 2009: die Schweiz positioniert sich im Lesen besser als 2000

Bern, 07.12.2010 - EDK / BBT: Die Schweiz liegt in PISA 2009 in allen drei Fachbereichen –Lesen, Mathematik und Naturwissenschaften – deutlich über dem OECD-Mittelwert. Im Vergleich zu 2000 positioniert sich die Schweiz 2009 im Lesen international klar besser. Sie konnte ihren Anteil an schwachen Leserinnen und Lesern zwischen 2000 und 2009 reduzieren. In Mathematik erreicht die Schweiz im internationalen Vergleich erneut einen Spitzenplatz.

In der Schweiz wird PISA im Auftrag von Bund und Kantonen durchgeführt. An der Medienkonferenz in Bern zu PISA 2009 waren die Auftraggeber vertreten durch die Schweizerische Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK) und durch das Bundesamt für Berufsbildung und Technologie (BBT). Die Präsentation der Ergebnisse wurde durch Mitglieder des Konsortium PISA.ch vorgenommen. Das Konsortium PISA.ch ist ein Zusammenschluss von mehreren wissenschaftlichen Zentren aus allen Sprachregionen, die für die Erhebung und Auswertung der Daten in der Schweiz zuständig sind.

Lesen: besseres Ergebnis als 2000

PISA 2009 ermöglicht erstmals einen umfassenden Vergleich der Leseleistungen von 15-Jährigen an zwei Messzeitpunkten: 2000 und 2009 wurde Lesen als Schwerpunkt getestet. Der Mittelwert der Schweiz lag in PISA 2000 bei 494 Punkten und in PISA 2009 liegt er bei 501 Punkten. Im Vergleich zu 2000 hat die Schweiz den OECD-Mittelwert deutlich übertroffen und befindet sich 2009 in einer besseren Ländergruppe: Zusammen mit 12 OECD-Ländern erreicht sie ein Leseergebnis, das statistisch signifikant über dem OECD-Mittelwert liegt. Von diesen 12 OECD-Ländern schneiden Korea, Kanada, Neuseeland, Japan, Australien und – als einziges europäisches Land – Finnland beim Mittelwert signifikant besser ab als die Schweiz.

Anteil der schwachen Leserinnen und Leser verringert

Die Schweiz gehört zu den wenigen OECD-Ländern, die zwischen 2000 und 2009 den Anteil der schwachen Leserinnen und Leser (unter Niveau 2) statistisch signifikant reduzieren und dabei den Anteil der leistungsstarken Leserinnen und Leser halten konnten. Während in PISA 2000 noch 20.4% der Jugendlichen Niveau II nicht erreichten, liegt dieser Anteil in PISA 2009 bei 16.8%.

Verbessert haben sich dabei vor allem die Leseleistungen der Jugendlichen mit Migrationshintergrund (Jugendliche im Ausland geboren und/oder Eltern im Ausland geboren). In PISA 2000 lagen die Leseleistungen der Jugendlichen mit Migrationshintergrund in der Schweiz um 86 Punkte tiefer als jene der Jugendlichen ohne Migrationshintergrund. In PISA 2009 beträgt dieser Unterschied 48 Punkte. Das entspricht dem OECD-Mittel. Diese Veränderung ist umso bemerkenswerter, als im gleichen Zeitraum in der Schweiz der Anteil der Jugendlichen mit Migrationshintergrund von 20.7% auf 23.5% ge­stiegen ist.

Mit 16.8% liegt in der Schweiz der Anteil der schwachen Leserinnen und Leser zwar neu unter dem OECD-Mittel von 18.8%, ist aber immer noch doppelt so hoch wie in Finnland (8.3.%). In den Nachbarländern der Schweiz beträgt der Anteil schwacher Leserinnen und Leser 18.5% (Deutschland), 19.7% (Frankreich), 21% (Italien) und 27.5% (Österreich).

In den OECD-Ländern nimmt der Vorsprung der Mädchen im Lesen zu

In allen 65 Ländern, die 2009 an PISA teilgenommen haben, schneiden die weiblichen Jugendlichen im Lesen tendenziell besser ab als die männlichen Jugendlichen. Zwischen 2000 und 2009 hat sich dieser Unterschied in den OECD-Ländern signifikant verstärkt. In PISA 2000 erreichten die Mädchen Leseleistungen, die im OECD-Durchschnitt 32 Punkte über den Leistungen der Knaben lagen. In PISA 2009 ist dieser Unterschied auf 39 Punkte gestiegen. In der Schweiz beträgt der Vorsprung der Mädchen in PISA 2000 30 Punkte, in PISA 2009 39 Punkte. Für die Schweiz ist diese Veränderung jedoch statistisch nicht signifikant.

In der Schweiz lesen mit 55% nur knapp die Hälfte der Jugendlichen zum Vergnügen. Bei den Mädchen ist dieser Anteil mit 68% höher als bei den Knaben mit 44%. Die Mädchen lesen zudem häufiger als die Knaben.

Der Zusammenhang zwischen sozioökonomischen Hintergrund und Leseleistungen hält sich

Je privilegierter der sozioökonomische Hintergrund der Jugendlichen ist, desto besser sind die Leseleistun­gen. Der Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und Leseleistung ist nach wie vor bedeutsam. Er hat sich im Vergleich zu PISA 2000 nicht verändert. Das gilt sowohl für die OECD wie auch für die Schweiz. Was die Stärke des Zusammenhangs soziale Herkunft – Leseleistungen betrifft, liegt die Schweiz im OECD-Mittelfeld.

Vorschulbesuch bringt einen Vorteil

In allen 34 OECD-Ländern erreichen Schülerinnen und Schüler, welche mehr als ein Jahr vorschulischen Unterricht (pre-primary education / Kindergarten) besucht haben, im Lesen bessere Ergebnisse als Schülerinnen und Schüler, welche die Vorschule nicht besucht haben. Dieser Vorteil bleibt auch dann bestehen, wenn man den sozioökonomischen Hintergrund der Jugendlichen berücksichtigt.

Mathematik: sehr gutes Ergebnis gehalten

Der Mittelwert der Schweiz lag 2003 beim Schwerpunkt Mathematik bei 527 Punkten, in PISA 2009 liegt der Mittelwert bei 534 Punkten. Mit diesem Ergebnis erreicht die Schweiz erneut einen Spitzenplatz. Signifikant bessere Ergebnisse als die Schweiz erreichen nur einige ostasiatische Staaten und chinesische Provinzen. Mit Ausnahme von Liechtenstein erreichen alle Nachbarländer einen signifikant tieferen Mittelwert als die Schweiz.

Der Anteil der Schülerinnen und Schüler mit besten Leistungen ist in der Schweiz sehr hoch: 24% der Jugendlichen erreichen die besten Niveaus 5 und 6. Das ist weit über dem vergleichbaren OECD-Wert von 13%, mehr als in allen Nachbarländern und auch mehr als beispielsweise in Finnland (22%). Auf der anderen Seite ist auch die schwächste Schülergruppe (unter Niveau 2) in der Schweiz mit 14% relativ tief und klar unter dem OECD-Vergleichswert von 22%.

Naturwissenschaften: Erneut gutes Ergebnis

Der Mittelwert der Schweiz lag 2006 beim Schwerpunkt Naturwissenschaften bei 512 Punkten, in PISA 2009 liegt der Mittelwert bei 517 Punkten. In den Naturwissenschaften liegt der Schweizer Durchschnitt signifikant über dem OECD-Durchschnitt. Von den Nachbarländern sind Deutschland und Liechtenstein mit der Schweiz vergleichbar. Frankreich, Österreich und Italien erreichen deutlich tiefere Durchschnitte.

Würdigung aus Sicht der Auftraggeber: auf dem richtigen Weg

Das Abschneiden der Schweiz in PISA 2009 und namentlich das Ergebnis im Lesen sind positiv zu werten. Das Leseergebnis in PISA 2000 hat 2003 zum EDK-Aktionsplan zur Leseförderung geführt. Es kann davon ausgegangen werden, dass sich die besonderen Anstrengungen zur Leseförderung der vergangenen Jahre positiv auswirken. Die EDK-Präsidentin Isabelle Chassot wies in der Medienkonferenz darauf hin, dass sich die Schweiz damit auf einem guten Weg befinde und das Ergebnis einen Ansporn darstelle, an den Vorhaben zu arbeiten, welche für die weitere Entwicklung des Bildungssystems Schweiz notwendig seien. Sie hielt insbesondere fest, dass die EDK im kommenden Jahr die ersten nationalen Bildungsziele für die obligatorische Schule freigeben wird. Es handelt sich dabei um die Festlegung von Grundkompetenzen, welche die Schülerinnen und Schüler in den Fächern Schulsprache, Fremdsprachen, Mathematik und Naturwissenschaften erreichen sollen.

Bund und Kantone erachten eine weitere Beteiligung an PISA für die Positionierung der Schweiz im internationalen Vergleich als wichtig. Auf Vergleiche zwischen den Sprachregionen und Kantonen im Rahmen von PISA soll hingegen mittelfristig verzichtet werden: Die EDK hat 2009 beschlossen, ab PISA 2015 die Teilnahme der Schweiz auf eine nationale Stichprobe zu beschränken. Das bedeutet, dass sich etwa 5000 Jugendliche an den Tests beteiligen statt wie bisher rund 20'000 Jugendliche. Damit kann sich die Schweiz weiterhin mit anderen Ländern vergleichen. Die bei den Kantonen frei werdenden Mittel sollen für die Überprüfung der nationalen Bildungsziele eingesetzt werden. Die erste Überprüfung der nationalen Bildungsziele wird zwischen 2014 und 2017 im Hinblick auf den schweizerischen Bildungsbericht 2018 stattfinden.

Beschränkte Aussagekraft von RangplätzenWeil die Resultate auf Stichproben beruhen, kann keine exakte Rangliste der Mittelwerte erstellt werden. Es kann nur ein Bereich angegeben werden, in dem ein Land statistisch gesichert liegt. Unter den OECD-Ländern liegt die Schweiz im Lesen 2009 zwischen den Rängen 8 bis 17, in Mathematik zwischen 2 und 4 und in den Naturwissenschaften zwischen 8 und 12.

Informationen zum Programm PISA

PISA (Programme for International Student Assessment) ist ein Forschungsprojekt der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD - Organisation for Economic Cooperation and Development). PISA wird seit 2000 alle drei Jahre durchgeführt. PISA will aufzeigen, wie gut die Jugendlichen am Ende der obligatorischen Schulzeit auf die Herausforderungen der Zukunft vorbereitet sind.

Schwerpunkt Lesen: Wie bereits PISA 2000, PISA 2003 und PISA 2006 misst auch PISA 2009 die Kompetenzen von 15-Jährigen in Lesen, Mathematik und Naturwissenschaften. In jedem Zyklus wird einer dieser Kompetenzbereiche einer besonders gründlichen Prüfung unterzogen. 2009 stand das Lesen im Zentrum der Erhebung. Damit wurde dieser Bereich nach PISA 2000 zum zweiten Mal als Schwerpunkt getestet und es liegt ein aussagekräftiger Vergleich über eine Zeitspanne von neun Jahren vor. Neben dem Absolvieren von Tests füllen die Jugendlichen einen Fragebogen aus, mit dem Lernmotivation und Lernstrategien erfasst werden.

Teilnehmende Länder: An PISA 2009 beteiligten sich 65 Länder. 34 davon sind Mitglieder der OECD, 31 sind Nichtmitgliedstaaten. An PISA 2000 hatten sich nur 31 Länder beteiligt, darunter 27 OECD-Mitgliedstaaten und vier Nichtmitgliedstaaten.

Stichproben: Weltweit beteiligten sich im April/Mai 2009 rund 470’000 Jugendliche an den PISA-Tests. In der Schweiz füllten rund 20'000 Jugendliche die PISA-Testhefte aus. Darin enthalten ist auch die Stichprobe, welche es für den Vergleich zwischen den Sprachregionen und den Kantonen braucht. Die Ergebnisse für die Sprachregionen und die Kantone werden Ende 2011 publiziert.

Aufgabenbeispiele: Unter diesem Link finden sich Beispielaufgaben aus PISA für den Bereich Lesen: http://www.pisa2009.ch/dyn/11504.php


Adresse für Rückfragen

Fragen zu den PISA-Ergebnissen
Deutsch: Urs Moser, Institut für Bildungsevaluation (IBE) der Universität Zürich, 043 268 39 60 urs.moser@ibe.uzh.ch
Französisch: Christian Nidegger, Nationaler Projektleiter PISA 2009, Service de la recherche en éducation (SRED) Genf, 022 546 71 19, christian.nidegger@etat.ge.ch oder 032 889 86 03, pisa.ch@irdp.ch
Italienisch: Myrta Mariotta, Scuola universitaria professionale della Svizzera italiana (SUPSI), 058 666 68 40, myrta.mariotta@supsi.ch

Fragen an die Auftraggeber
EDK: Gabriela Fuchs, Kommunikationsbeauftragte EDK, 031 309 51 12, presse@edk.ch
BBT: Ariane Baechler, Mitglied Geschäftsleitung BBT, 079 237 17 81, ariane.baechler@bbt.admin.ch



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Bundesamt für Berufsbildung und Technologie (BBT) - ab 1.1.2013 SBFI
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