Bologna-Prozess
Mit dem 1999 gestarteten Bologna-Prozess wurde der europäische Hochschulraum (EHR) geschaffen. Das übergeordnete Ziel der Reform ist die Förderung der Mobilität und die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit des Bildungsstandorts Europa. Wichtige Eckpfeiler sind das dreistufige Studiensystem mit Bachelor, Master und Doktorat, das Leistungspunktesystem ECTS, die Zusammenarbeit bei der Qualitätssicherung sowie die Einführung von nationalen Qualifikationsrahmen.
Geschichte des Bologna-Prozesses in Europa
Der Grundstein zur Bologna-Reform wurde 1998 anlässlich der 800-Jahr-Feier der Universität Sorbonne in Paris mit der sogenannten Sorbonne-Erklärung gelegt. Darin wurde die Vision eines Europas des Wissens skizziert. In der Bologna-Erklärung (PDF) von 1999 konkretisierten und ergänzten die Bildungsministerinnen und -minister aus 29 europäischen Staaten, darunter auch die Schweiz, die Anliegen der Sorbonne-Erklärung. Insbesondere beschlossen sie, bis zum Jahr 2010 einen europäischen Hochschulraum zu schaffen, mit dem Ziel, die Mobilität zu fördern und die Wettbewerbsfähigkeit des Bildungsstandorts Europa zu stärken. In diesem Sinn einigten sie sich auf eine ganze Reihe von thematisch eng miteinander verknüpften Massnahmen. An den Nachfolgekonferenzen wurden diese weiter präzisiert und teilweise ergänzt. Auch in geographischer Hinsicht erfolgte eine beachtliche Erweiterung. Inzwischen beteiligen sich 49 Länder am Reformprozess. Wie geplant konnte der europäische Hochschulraum 2010 an der ausserordentlichen Ministerkonferenz in Budapest und Wien eröffnet werden. Seither wird er stetig konsolidiert und weiterentwickelt.
Eckpfeiler des Bologna-Prozesses
Um einen gemeinsamen europäischen Hochschulraum zu schaffen, beschlossen die Bildungsministerinnen und -minister in der Bologna-Erklärung von 1999konkrete Massnahmen. Die folgenden drei Schlüsselelemente sollen dabei die europäische Zusammenarbeit stärken:
- Die Schaffung eines zweistufigen Systems von Studienabschlüssen (Bachelor/Master), das auf dem Leistungspunktesystem ECTS basiert und 2003 um eine dritte Stufe (Doktorat) ergänzt wurde
- Die Implementierung des Europäischen Abkommens über die Gleichwertigkeit der akademischen Grade und Hochschulzeugnisse (Lissabon-Konvention)
- Die Etablierung einer Qualitätssicherung, die sich seit 2005 auf gemeinsam vereinbarte Standards und Leitlinien (PDF) stützt
In den Nachfolgekonferenzen verständigten sich die Ministerinnen und Ministerzusätzliche Massnahmen, Leitlinien und Empfehlungen, welche die Themenbereiche Qualitätssicherung, Anerkennung erworbener Kenntnisse, Entwicklung von Qualifikationsrahmen, (lebenslanges) Lernen, innovative und auf gesellschaftliche Herausforderungen ausgerichtete Lehre, Mobilität, soziale Dimension und Partizipationsrechte von Studierenden und Personal, fundamentale Werte des EHR, Synergien mit dem europäischen Forschungsraum und Dialog mit anderen Regionen und Kontinenten. An der Ministerkonferenz 2020 wurde zudem die Vision verabschiedet, bis 2030 einen inklusiven, innovativen und vernetzten EHR zu schaffen. Weiterführende Informationen zu diesen Themen sind auf der Webseite des Europäischen Hochschulraums zu finden.
Die nächste Bologna-Ministerkonferenz findet 2027 in Iaşi (Rumänien) und Chişinău (Republik Moldau) statt. Seit 2001 ist eine Bologna-Follow-up-Gruppe BFUG für die kontinuierliche Weiterentwicklung des Prozesses zuständig. Die Gruppe setzt sich aus Vertreterinnen und Vertretern aller Signatarstaaten, der Europäischen Kommission sowie der wichtigsten Partnerorganisationen zusammen. Sie wird vom Land, das den EU-Ratsvorsitz innehat, und einem EHR-Mitglied, das nicht EU-Mitglied ist, gemeinsam geleitet. Im ersten Halbjahr 2029 wird die Schweiz mit Luxemburg die Co-Präsidentschaft übernehmen.
Koordinierte Umsetzung in der Schweiz
Bei der Umsetzung der Bologna-Reformen in der Schweiz galt es, den föderalistischen Begebenheiten in der Schweiz Rechnung zu tragen und die Hochschullandschaft in ihrer ganzen Vielfalt zu bewahren. Gleichzeitig sollten die Reformen einheitlich und koordiniert erfolgen. Aus diesem Grund wurden ab 2002 verschiedene verbindliche Richtlinien erlassen. Mit dem Inkrafttreten des Hochschulförderungs- und -koordinationsgesetzes 2015 erliess der Hochschulrat auf Antrag der Rektorenkonferenz der schweizerischen Hochschulen die Bologna-Richtlinien UH (für die schweizerischen universitären Hochschulen) und die Bologna-Richtlinien FH und PH (für die Fachhochschulen und die Pädagogischen Hochschulen), die den Inhalt der früheren Richtlinien übernahmen. 2020 wurden diese Richtlinien durch die Verordnung des Hochschulrates über die Koordination der Lehre an den Schweizer Hochschulen ersetzt. Die Verordnung dient dazu, einheitliche Vorschriften zu folgenden Punkten sicherzustellen: Studienstufen und deren Übergänge, einheitliche Benennung der Titel sowie die Durchlässigkeit und Mobilität zwischen den und innerhalb der universitären Hochschulen, der Fachhochschulen und der Pädagogischen Hochschulen.
Der Bund leistete während der Umsetzungsphase, die den Rektorenkonferenzen übertragen worden war, finanzielle Unterstützung. Da die Bologna-Richtlinien nur die notwendigsten Vorgaben machen, blieb den Hochschulen ein erheblicher Gestaltungsspielraum bei der Umsetzung der Bologna-Reformen und der Gestaltung der Studienprogramme.
Auf diese Weise konnte die Schweiz die Erneuerung der Lehre und des Lernens im Sinne der Bologna-Deklaration rasch umsetzen. An den universitären Hochschulen wurden erste Bachelor-Abschlüsse bereits 2004 verliehen. Seit dem Wintersemester 2009/10 ist ein Studienbeginn (inkl. Medizin) nur noch nach dem Bologna-Modell möglich. An den Fachhochschulen und Pädagogischen Hochschulen wurde die neue Studienstruktur flächendeckend auf das akademische Jahr 2005/06 hin eingeführt. Im Jahr 2008 wurden die ersten Bachelordiplome, im Fachhochschulbereich der berufsqualifizierende Regelabschluss, ausgestellt, und seit dem Herbstsemester desselben Jahres werden auch (konsekutive) Masterstudiengänge angeboten.
Dokumentation
Verordnung des Hochschulrates über die Koordination der Lehre an den Schweizer Hochschulen