Internationale Forschungsorganisationen: SESAME, ELI, SEEIIST, DUNE und GBC
Die Schweiz beteiligt sich an verschiedenen internationalen Forschungsorganisationen und -projekten. Einerseits nimmt sie eine Beobachterrolle ein, andererseits bringt sie ihr Know-how und ihre technische Expertise ein. Die Verantwortung für diese Beteiligungen liegt beim SBFI, das für die Festlegung des finanziellen Rahmens, die Abklärung der Vorteile dieser Beteiligungen und die Unterzeichnung internationaler Abkommen durch die Schweiz zuständig ist. Die Vertreterinnen und Vertreter der betroffenen Wissenschaftsgemeinschaften in der Schweiz werden eng in diese Prozesse eingebunden.
Synchrotron-light for Experimental Science and Applications in the Middle East (SESAME)
SESAME ist eine internationale Forschungsorganisation mit Sitz in Jordanien, die eine Synchrotron-Lichtquelle betreibt. Seit 2018 steht Forschenden weltweit die Möglichkeit offen, sich um Strahlzeit zu bewerben und Experimente an einer der fünf Beamlines durchzuführen.
Die Mitgliedstaaten von SESAME sind: Zypern, Ägypten, Iran, Israel, Jordanien, Pakistan, Palästina und die Türkei. Zudem gibt es zahlreiche Beobachterstaaten und -organisationen, darunter die Schweiz (seit 2010), Brasilien, Kanada, China, das CERN, die EU, Frankreich, Deutschland, Griechenland, Italien, Japan, Kuwait, Portugal, Russland, Spanien, Schweden, die Arabischen Emirate, das Vereinigte Königreich und die USA.
SESAME wurde nach dem Vorbild des CERN und unter der Schirmherrschaft der UNESCO gegründet. Es verfolgt zwei zentrale Ziele:
- Die wissenschaftlichen Kapazitäten im Nahen Osten ausbauen.
- Den Frieden in der Region durch internationale Zusammenarbeit fördern.
Das Projekt hat damit auch eine bedeutende diplomatische Dimension, ähnlich wie das CERN bei seiner Gründung im Jahr 1954.
Die Schweiz wird im SESAME-Rat vom Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) vertreten. Als Beobachterstaat zahlt die Schweiz keine Mitgliederbeiträge, unterstützt SESAME jedoch gelegentlich mit punktuellen Beiträgen. So hat das Paul Scherrer Institut (PSI) 2020 und 2024 Renovierungsarbeiten an Teilen des SESAME-Beschleunigers und dessen Kühlsystemen durchgeführt. Ausserdem ist das PSI am SUNSTONE-Projekt beteiligt. Es soll SESAME langfristig stärken und seine Rolle als internationales Forschungszentrum ausbauen.
Extreme Light Infrastructure ERIC (ELI ERIC)
ELI ERIC ist eine 2021 gegründete europäische Forschungsinfrastruktur für Hochleistungslaser, die aus drei Anlagen in Tschechien (ELI-Beamlines), Ungarn (ELI-ALPS) und Rumänien (ELI-NP) besteht. Seit 2022 können Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus der ganzen Welt diese Infrastruktur nutzen. Die leistungsstarken Laser ermöglichen bahnbrechende Experimente in den Bereichen Materialwissenschaft, Physik und Biologie.
Der Bau der drei ELI-Anlagen wurde hauptsächlich aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) finanziert. Der Betrieb der Infrastruktur wird von den Mitgliedern und Beobachtern sichergestellt.
Die Schweiz ist weder Mitglied noch Beobachterin der ELI ERIC. In der 2021 von der Swiss Photon Community veröffentlichten Photon Science Roadmap (PDF) wird jedoch betont, dass ELI ERIC besonders interessante und einzigartige Forschungsmöglichkeiten bietet. Aus diesem Grund verfolgt die Schweiz die Entwicklung dieser Infrastruktur aufmerksam mit. Der zweite Schweizer Beitrag stellt Mittel für bilaterale Projekte im Zusammenhang mit ELI ERIC bereit.
South East European International Institute for Sustainable Technologies (SEEIIST)
Das Projekt SEEIIST bezweckt die Gründung einer spezialisierten Infrastruktur für die onkologische Hadronentherapie und die biomedizinische Forschung in Südosteuropa (der genaue Standort ist noch nicht festgelegt). Ab 2029 sollen die ersten Patientinnen und Patienten im Protonentherapiezentrum behandelt werden können. In Südosteuropa gibt es derzeit noch kein Therapiezentrum dieser Art.
Wie SESAME und CERN hat auch SEEIIST eine wichtige diplomatische Dimension (Science for Peace). In der Vorbereitungsphase wird SEEIIST vom CERN, der UNESCO, der EU-Kommission und anderen assoziierten Infrastrukturen und Institutionen unterstützt. Die Vereinigung SEEIIST ist derzeit dem CERN angegliedert. Das EDA wiederum assistiert SEEIIST bei der Entwicklung einer Roadmap für die Wissenschaftsdiplomatie, während das SBFI das Projekt auf technischer und wissenschaftlicher Ebene begleitet.
Long-Baseline Neutrino Facility (LBNF) and Deep Underground Neutrino Experiment (DUNE)
Das Projekt LBNF/DUNE zielt darauf ab, die Geheimnisse der als Neutrinos bezeichneten Elementarteilchen zu entschlüsseln, um das Universum besser zu verstehen ‒ insbesondere die Frage, warum es von Materie und nicht von Antimaterie dominiert wird.
Die Strahllinie LBNF, die den stärksten Neutrinostrahl der Welt erzeugen wird, wird derzeit am Fermilab in der Nähe von Chicago im US-Bundesstaat Illinois gebaut. Sie ist eine Hauptkomponente des DUNE-Experiments. Der dazugehörige Ferndetektor wird an der Sanford Underground Research Facility in South Dakota (USA) angesiedelt sein. Das Projekt, das im Rahmen einer internationalen Zusammenarbeit finanziert und durchgeführt wird, ist als wesentliche Ergänzung der am CERN durchgeführten Forschung anerkannt, um die Forschung im Bereich der Teilchenphysik voranzubringen.
Schweizer Forscherinnen und Forscher, die insbesondere an den Universitäten Bern und Basel im Bereich der Neutrinopyhsik tätig sind, leisten einen wesentlichen Beitrag zum Projekt, während das CERN den europäischen Beitrag zu LBNF/DUNE vorbereitet. So entwirft und testet die Organisation die Technologie, die in den DUNE-Detektoren zum Einsatz kommen soll, und wird die kryogene Infrastruktur für zwei der Detektoren bereitstellen. Im Mai 2019 hat der Bundesrat entschieden, den Sachbeitrag des CERN an LBNF/DUNE finanziell zu unterstützen.
Global Biodata Coalition (GBC)
Die Global Biodata Coalition (GBC) ist ein Zusammenschluss von Organisationen, die Biodaten-Ressourcen, also Datenbanken und Analysewerkzeuge im Bereich der Bioinformatik, finanzieren. Der Bedarf an solchen Ressourcen hat in den letzten 20 Jahren stark zugenommen, was besonders im Zusammenhang mit dem Coronavirus (SARS-CoV-2) deutlich wurde. Die sofortige Bereitstellung von Gensequenzen und anderen relevanten Analyseergebnissen war entscheidend dafür, dass die Forschung schnell auf das neue Virus reagieren konnte. Biodaten-Ressourcen sind heute für die Forschung in allen Bereichen der Biowissenschaften unverzichtbar geworden.
Ziel der GBC ist es, die komplexe Landschaft der Biodaten-Ressourcen zu kartieren und ihre langfristige Zugänglichkeit zum Nutzen der Forschung zu gewährleisten.
Die Schweiz verfügt mit dem Swiss Institute of Bioinformatics (SIB) über eine Institution, die mehrere hochinteressante Biodaten-Ressourcen verwaltet. Das SBFI ist seit 2020 Mitglied der GBC und unterstützt diese finanziell.
Inhaltsverzeichnis
Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation SBFI
Xavier Reymond