Lehrstellenkonferenz 2010: Massnahmen zur Stärkung der höheren Berufsbildung

Bern, 25.10.2010 - Die höhere Berufsbildung qualifiziert Berufsleute für anspruchsvolle Tätigkeiten und ermöglicht es ihnen dadurch, Fach- oder Führungsverantwortung zu übernehmen. Der Wert dieser Abschlüsse wird jedoch oft verkannt. In Biel hat am Montag die von Bundespräsidentin Doris Leuthard einberufene 6. Lehrstellenkonferenz beschlossen, für eine bessere Anerkennung der höheren Berufsbildung zu sorgen. Vertreterinnen und Vertreter von Bund, Kantonen und Organisationen der Arbeitswelt sind sich einig: Das schweizerische Berufsbildungssystem ist kein „Auslaufmodell“. Zwei von drei Jugendlichen setzen auf diesen Weg.

Die höhere Berufsbildung ist von grosser Bedeutung für die Wettbewerbsfähigkeit unseres Landes. Die Ausbildungen beruhen auf einer engen Verknüpfung von Theorie und Praxis und stellen den Bedarf an ausgewiesenen Fach- und Führungskräften für die Wirtschaft sicher. Im Jahr 2009 wurden rund 28‘000 Diplome und Fachausweise der höheren Berufsbildung vergeben. Der Wert der höheren Berufsbildung wird jedoch national und international oft verkannt. Unterschiede in den Bildungssystemen machen es schwierig, die Abschlüsse ihrem Wert entsprechend einzuordnen. Die Titel erfahren nicht die gleiche gesellschaftliche Wertschätzung wie die akademischen Abschlüsse.

Mit vier konkreten Massnahmen will die Lehrstellenkonferenz die Abschlüsse der höheren Berufsbildung besser bekannt und international vergleichbar machen. Erstens soll ein „Nationaler Qualifikationsrahmen“ die Schweizer Abschlüsse in ein 8-Stufensystem einordnen und europaweit vergleichbar machen. Zweitens sollen sie mit so genannten „Diploma Supplements“ besser verständlich gemacht werden. Wie bei den Hochschultiteln soll künftig auch den Abschlüssen der höheren Berufsbildung ein Beiblatt auf Englisch beigefügt werden, das die erworbenen Qualifikationen beschreibt. Dies erhöht die Mobilität auf dem Arbeitsmarkt und im internationalen Bildungssystem. Drittens sollen die Vorteile und die Eigenarten des Schweizer Berufsbildungssystems durch eine verstärkte internationale Zusammenarbeit gestärkt werden. Eine engere Kooperation ist insbesondere mit den dual ausgerichteten Ländern wie Deutschland, Österreich, Dänemark oder Luxemburg sowie im Rahmen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung OECD geplant. Viertens sollen Informationsmassnahmen im In- und Ausland Transparenz bei der Titelvielfalt gegenüber dem Arbeitsmarkt schaffen.

Parallel zu den verabschiedeten Positionierungsmassnahmen verfolgen Bund, Kantone und Verbundpartner die Fragen der Finanzierung sowie der besseren Durchlässigkeit und Anschlussfähigkeit der höheren Berufsbildung zu anderen Bildungsbereichen weiter. Geprüft wird eine gemeinsame Strategie, die in die BFI-Botschaft 2013-2016 einfliessen könnte.

Eine Aufwertung der höheren Berufsbildung stärkt die berufliche Grundbildung (Lehre) und sorgt dafür, dass der Weg der Berufsbildung für leistungsstarke Jugendliche attraktiv bleibt. Dies ist umso wichtiger, als der demographisch bedingte Rückgang der Schulabgängerinnen und Schulabgänger auf eine zunehmende Konkurrenz zwischen den Bildungswegen schliessen lässt.

Bund, Kantone und Organisationen der Arbeitswelt bekräftigten an der Lehrstellenkonferenz, die bestehenden Massnahmen im Bereich Lehrstellenmarkt weiterzuführen. Die Lehrstellenkonferenz schlägt zudem vor, den Anteil des Bundes an den Berufsbildungskosten der öffentlichen Hand möglichst rasch auf den gesetzlichen Richtwert von 25 Prozent zu erhöhen.

Im Anschluss an die nationale Lehrstellenkonferenz standen am Nachmittag junge Berufsleute im Rampenlicht, die hervorragende Leistungen erbracht haben. Im Rahmen eines Festakts ehrte Staatsrätin Isabelle Chassot, Präsidentin der Schweizerischen Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK), die Medaillengewinnerinnen und Medaillengewinner der Berufs-Schweizermeisterschaften 2010.

Lehrstellenbarometer bleibt stabil

Die Situation auf dem Lehrstellenmarkt ist trotz angespannter Wirtschaftslage weitgehend stabil geblieben. Die an der Lehrstellenkonferenz in Biel veröffentlichten Zahlen des Lehrstellenbarometers, welches das LINK-Institut seit 1997 im Auftrag des Bundesamtes für Berufsbildung und Technologie (BBT) erhebt, bestätigen: Das gemeinsame Engagement von Bund, Kantonen und Wirtschaft zur Lehrstellenförderung hat Früchte getragen. Die Zahl der angebotenen Lehrstellen hat sich positiv entwickelt.

Per August 2010 vergaben die Unternehmen 83‘000 Lehrstellen (2009: 82‘000). Weitere 7‘000 Ausbildungsplätze waren am Stichtag 31. August 2010 noch offen. Die Betriebe hoffen, davon 2‘500 noch besetzen zu können. Das gesamte Angebot hat mit 90‘000 Lehrstellen im Vergleich zum Vorjahr um 3000 Stellen zugenommen. Damit ist es noch vor dem Höchstangebot von 88‘000 Ausbildungsplätzen im Jahr 2008 das umfangreichste seit dem Jahr 2000 (79‘500).

Von den 149‘000 Jugendlichen, die 2010 vor der Ausbildungswahl standen, sind rund 73‘500 (2009: 75‘000) in eine berufliche Grundbildung eingetreten. Die Mehrheit gibt an, eine zumindest vorübergehende Lösung gefunden zu haben. 5 Prozent (2009: 6 Prozent) bezeichnen sich als arbeitslos bzw. ohne Beschäftigung. Dies sind hochgerechnet rund 7‘500 Personen (2009: 9‘000).

Die „Warteschlange“ – Jugendliche, die für 2011 eine Lehrstelle suchen – ist im Vergleich zum Vorjahr von 14 auf 13 Prozent gesunken. Hochgerechnet sind dies 20‘500 Jugendliche (2009: 21‘000, 2008: 21‘500).

Durch die Intensivierung bewährter Massnahmen wie Lehrstellenförderung, Coaching und Mentoring sowie Case Management Berufsbildung konnte verhindert werden, dass sich die angespannte Wirtschaftslage auf das Lehrstellenangebot niederschlägt. Entscheidend ist dabei die aktive Rolle der Wirtschaft, die auch in konjunkturell schwierigen Zeiten in die Berufsbildung investiert  und zusätzliche Lehrstellen geschaffen hat. Um den Lehrstellenmarkt auch 2011 stabil zu halten, hat die diesjährige Lehrstellenkonferenz festgehalten, dass die bestehenden Massnahmen weiterverfolgt und bei Bedarf zusätzlich intensiviert werden.

Berufseinstiegs-Barometer: Berufliche Grundbildung schützt vor Arbeitslosigkeit

Die berufliche Grundbildung hat auf dem Arbeitsmarkt eine unverändert hohe Bedeutung. Ihre Abschlüsse bieten auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten einen hohen Schutz vor Arbeitslosigkeit und eröffnen Wege zu weiterführenden Aus- und Weiterbildungen. Zu diesen Ergebnissen kommt das Berufseinstiegs-Barometer des Stellenmarkt-Monitors Schweiz der Universität Zürich. Das Beobachtungsinstrument beruht auf der Analyse von Stelleninseraten. Es zeigt auf, dass das Stellenangebot der Unternehmen sich in den letzten Jahren in Richtung höhere Qualifikationsniveaus verschoben hat. Aus- und Weiterbildung sowie Erfahrung sind heute für den Arbeitsmarkterfolg von Absolventinnen und Absolventen einer beruflichen Grundbildung wichtiger als vor zehn Jahren. Die Stossrichtung bestehender arbeitsmarktlicher Massnahmen für Berufseinsteiger, die diesen helfen, Praxiserfahrung zu sammeln oder sich auf geeignete Weise weiterzubilden, sei deshalb richtig und zweckmässig, betonten die Autoren.

Das Berufseinstiegs-Barometer wurde im Auftrag des Bundesamts für Berufsbildung und Technologie (BBT) in Zusammenarbeit mit dem Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) erstellt. Es ermöglicht, Veränderungen in Angebot und Nachfrage der ersten Arbeitsstellen nach der beruflichen Grundbildung zu überwachen.


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