Erfolgsfaktoren beim Übergang in die Berufsbildung von Jugendlichen in Realschulen, Förderklassen und Sonderschulen

Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW)
Zentrum Lernen und Sozialisation

Projektleitung: Prof. Dr. Markus P. Neuenschwander, Prof Dr. Christoph M. Müller
Laufzeit: 01.09.2022 – 31.10.2026

Jugendliche aus Schulformen der Sekundarstufe I mit Grundanforderungen (im Folgenden: Realschulen), sonderpädagogischen Förderklassen und Sonderschulen haben grössere Schwierigkeiten als andere Jugendliche, einen qualifizierenden Ausbildungsplatz (Ausbildung EFZ oder EBA) zu finden (Pool Maag, 2016). Obwohl es zahlreiche Studien zum Übergang von der Sekundarstufe I in die Sekundarstufe II in der Schweiz gibt, wurde diese Gruppe bisher nicht systematisch untersucht. Dabei hat diese Gruppe eine besondere Bedeutung für das Erreichen des strategischen Ziels der EDK, wonach 95% eines Jahrgangs einen Sek II-Abschluss erreichen sollen. Im Zentrum des geplanten Forschungsprojekts stehen folgende Fragen:

  1. Wie sehr hängen intellektuelle und schulische Leistungen sowie Verhaltensprobleme von Jugendlichen in den genannten Schulformen mit strukturellen Merkmalen (sozioökonomischer Status SES, Migrationshintergrund, Geschlecht) und der Unterstützung der Familie zusammen? 
  2. Wie sehr erklären intellektuelle und schulische Leistungen sowie Verhaltensprobleme und ihre Interaktion die Chancen der Jugendlichen in den genannten Schulformen auf eine qualifizierende berufliche Grundbildung (EBA oder EFZ)? 
  3. Wie sehr erklären institutionelle Faktoren wie der Besuch einer spezifischen Schulform (Realschule, sonderpädagogische Förderklassen, ausgewählte Sonderschulen) die Chance auf einen Arbeitsplatz in einer qualifizierenden beruflichen Grundbildung (EBA oder EFZ)? 
  4. Wie unterscheidet sich die Begleitung von Lehrpersonen beim Übergang von der Sekundarstufe I in die berufliche Grundbildung zwischen Jugendlichen in Realschulen und Jugendlichen in sonderpädagogischen Förderklassen oder ausgewählten Sonderschulen?
  5. Welche Erfolgsfaktoren lassen sich aus der Sicht von Berufsbildner*innen einer EBA oder einer Pra (Insos) identifizieren, damit Jugendliche aus den genannten Schulformen eine Ausbildung abschliessen können? 

Grundlage der Studie ist ein Arbeitsmodell, wonach individuelle und kontextuelle Erfolgsfaktoren die Chancen im Lehrstellenmarkt beeinflussen. Die Zielgruppe wird anhand von institutionellen Kriterien festgelegt und umfasst Jugendliche in der Realschule, in sonderpädagogischen Förderklassen und ausgewählten Sonderschulen. Sonderschulen zur Beschulung von Jugendlichen mit Körper-, Sinnes- oder Sprachbehinderung oder Lernende mit geistiger Behinderung sind nicht Teil der Stichprobe. 

Die Hypothesen werden in einer Längsschnittstudie geprüft. Es werden ca. 1200 Schüler*innen aus Schulformen mit Grundansprüchen, ca. 490 Schüler*innen aus sonderpädagogischen Förderklassen sowie ca. 150 Schüler*innen aus Sonderschulen und deren Sonderpädagog*innen aus der Deutschschweiz und der Romandie im Abschlussschuljahr während des Unterrichts befragt. Lehrpersonen füllen einen Fragebogen über die Jugendlichen ihrer Klasse aus. Die Jugendlichen bearbeiten je einen Intelligenztest, einen Schulleistungstest in Lesen und Mathematik sowie einen standardisierten Fragebogen. Auf der Basis von Administrativdaten des Bundesamtes für Statistik werden die Bildungsverläufe dieser Jugendlichen (Eintritt in eine Sek II-Ausbildung, Lehrvertragsauflösung) während 2 Jahren nach der Eingangsmessung erfasst. Zudem werden mit Berufsbildner*innen halbstrukturierte Interviews zur Betreuungssituation in EBA und Pra (Insos) durchgeführt. 

Die Ergebnisse erlauben Schlussfolgerungen zur Bedeutung von intellektuellen und schulischen Leistungen sowie Verhaltensproblemen bei Eintritt in die berufliche Grundbildung von Jugendlichen aus Realschulen oder sonderpädagogischen Einrichtungen. Zudem geben sie Hinweise, wie Lehrpersonen und Eltern Jugendliche dieser Zielgruppe effektiv im Transitionsprozess begleiten können, so dass die Chancen dieser Jugendlichen auf Eintritt in den ersten Arbeitsmarkt steigen. 

Stichworte: Sonderschulung, Intelligenz, Leistung, Verhaltensprobleme, Übergang, berufliche Grundbildung, individuelle Förderung 

https://www.sbfi.admin.ch/content/sbfi/de/home/bildung/berufsbildungssteuerung-und--politik/berufsbildungsforschung/einzelprojekte/themenbereich-nahtstellen-i-und-ii/erfolgsfaktoren_uebergang_berufsbildung.html