Die Mobilität von Berufstätigen hat in der heutigen Arbeitswelt einen hohen Stellenwert. Dabei spielt die Diplomanerkennung eine wichtige Rolle: Für viele Berufe ist eine Anerkennung des ausländischen Diploms durch eine Behörde erforderlich. In der Schweiz dient die nationale Kontaktstelle im SBFI als erste Anlaufstelle für allgemeine Fragen im Zusammenhang mit der Anerkennung ausländischer Diplome. Um den Ratsuchenden im Zeitalter der Digitalisierung künftig noch besser helfen zu können, ist die Entwicklung einer neuen, internetbasierten Portallösung im Gange. Das Augenmerk liegt dabei auf den Bedürfnissen der am Anerkennungsprozess beteiligten Menschen und Partnerorganisationen.
Bedürfnisse der Betroffenen als Ausgangspunkt

Die nationale Kontaktstelle im SBFI gibt Auskunft und berät zu Themen rund um die Reglementierung von beruflichen Tätigkeiten und zu den Zuständigkeiten der Anerkennungsbehörden. Eine Mitarbeiterin der Kontaktstelle bedient von Montag bis Freitag eine Telefon-Hotline und eine Mailbox (80 Stellenprozente). Sie wird dabei durch vier weitere Personen unterstützt, welche darüber hinaus laufend neue Merkblätter und Richtlinien zu relevanten Themen erarbeiten, die sie auf der Homepage des SBFI veröffentlichen (90 Stellenprozente).
Das Interesse an den Dienstleistungen ist gross: Die Kontaktstelle beantwortet täglich bis zu 150 Anfragen. Dieses Bild zeigt sich auch im Internet: Die Rubrik «Diplomanerkennung» ist mit über 17'000 Klicks pro Monat eine der meistbesuchten Rubriken der SBFI-Webseite.
Anzahl Besucherinnen und Besucher im Januar 2020 der Rubrik «Diplomanerkennung» auf dem SBFI-Internetauftritt

Komplexität der Beratung nimmt zu
Das SBFI verzeichnet in den letzten Jahren nicht nur einen stetigen Anstieg, sondern darüber hinaus auch eine Zunahme der Komplexität der Anfragen. Die Kundinnen und Kunden der Kontaktstelle wünschen vermehrt einen umfassenden Service. Sie haben nicht nur Fragen zur Anerkennung von Diplomen, sondern möchten auch Informationen zum Arbeitsmarkt, zu den Weiterbildungsperspektiven oder zu den Löhnen in der Schweiz erhalten. Ausschlaggebend für die zunehmende Komplexität ist auch die Vielzahl der Akteure, darunter mehrere Anerkennungsbehörden des Bundes und der Kantone.
Um die Erwartungen der Kundinnen und Kunden auch weiterhin optimal erfüllen zu können und gleichzeitig den auf Anerkennungsfragen beschränkten Tätigkeitsbereich der Kontaktstelle zu verdeutlichen, sind verständliche und strukturierte Informationen erforderlich.
Projekt mit vier Zieldimensionen
Vor diesem Hintergrund hat das SBFI das Projekt «Portallösung Diplomanerkennung» ins Leben gerufen. Damit soll ein digitales Informationsportal geschaffen werden, welches auf die oben beschriebenen Entwicklungen und die damit verbundenen Bedürfnisse der Kundinnen und Kunden reagiert. Im Projekt arbeitet das SBFI mit dem Beratungsunternehmen staatslabor zusammen. Gemeinsam wurden vier Zieldimensionen definiert:
- Die digitale Lösung soll sich primär auf die Nutzerinnen und Nutzer und deren Bedürfnisse fokussieren.
- Die digitale Lösung soll Pionier-Charakter aufweisen, indem sie zukunftssicher ist, sich an digitalen Vorreitern orientiert und künftige Trends miteinbezieht.
- Weiter soll die neue Lösung Freiräume für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kontaktstelle schaffen, was der Bearbeitung komplexer Fälle zu Gute kommt.
- Die relevanten Anerkennungsstellen sind in den Prozess einzubeziehen. Nur durch enge Zusammenarbeit und Koordination kann der Informationsfluss sichergestellt werden.
Menschzentrierte Service Design-Methoden
Die Übertragung der Kontaktstelle in den digitalen Raum soll von konkreten Nutzungserfahrungen inspiriert sein. Dies erfordert einen menschzentrierten, innovativen Blick auf öffentliche Dienstleistungen. Allfällige bestehende Mängel des analogen Prozesses werden nicht dadurch gelöst, dass diese in den digitalen Raum verschoben werden.
Im Rahmen der Projektarbeiten wurden zwei sogenannte «User Journey Workshops» durchgeführt. Dabei wurden aktuelle und frühere Kundinnen und Kunden der Kontaktstelle interviewt. In einem Mix aus begleiteter Nutzung und geführtem Gespräch wurde eruiert, in welcher Lebenssituation sich die Personen befinden, wenn sie zum Diplomanerkennungsprozess gelangen, wo sie in der Informationsbeschaffung auf Hindernisse stossen und wie sie damit umgehen. Zudem wurden Ideen entwickelt, wie der Prozess verbessert werden könnte. Die auf diese Weise generierten Daten wurden in verschiedenen Formaten aufbereitet, analysiert und in wichtigste Bedürfnisse und Empfehlungen für die neue Lösung verdichtet.
Interaktiver Wegweiser
Im Verlauf der Arbeiten konkretisierte sich das Bild einer möglichen Lösung. So spricht heute eine Vielzahl der Empfehlungen für die Konzipierung eines interaktiven Wegweisers, welcher automatisch eine personalisierte Empfehlung zur Diplomanerkennung liefert, nachdem die Nutzerinnen und Nutzer ihren Fall über wenige strukturierte Fragen geschildert haben. Standardanfragen könnten damit automatisch und ohne Telefon- oder E-Mail-Kontakt beantwortet werden. Hingegen würden Personen mit komplexeren Anfragen ermittelt und gezielt an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kontaktstelle verwiesen. Damit wird dem Bedürfnis aller Nutzungsgruppen nach einer klaren, schnellen und persönlichen Information und Beratung Rechnung getragen.
Aktueller Stand der Arbeiten und Blick in die Zukunft

Nach einer intensiven Konzeptphase befindet sich das Projekt gegenwärtig in der Erarbeitungsphase. In dieser Phase wird die Priorisierung der Bedürfnisse finalisiert. Auch werden Entscheide bezüglich Funktionen der Systemarchitektur gefällt. Zudem gilt es, das Portal ins System bestehender Fachanwendungen und Applikationen zu integrieren und allfällige Medienbrüche zu vermeiden. Zu diesem Zweck finden «Co-Design Workshops» statt, in welchen die Fachverantwortlichen gemeinsam mit den Informatikexperten Lösungen erarbeiten.
In der sich daran anschliessenden Umsetzungsphase soll die Lösung schliesslich entwickelt werden. Die Nutzerinnen und Nutzer gilt es auch während der Umsetzung des Projekts testweise einzubeziehen. Ihre Feedbacks sind der Gradmesser für den Erfolg des erarbeiteten Portals. Vorgesehen ist, dass die neue Lösung Ende 2020 zur Verfügung stehen wird.
Alltag der Kontaktstelle | Bedürfnisse von Ratsuchenden |
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Ich benötige eine klare Perspektive und Ermunterung, damit ich motiviert bin, den Abklärungsprozess zu durchlaufen (z.B. über Testimonials). |
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Ich habe von Diplomanerkennung gehört, verstehe den Sinn und Zweck aber nicht ganz. | |
Ich habe wenig Zeit für umfangreiche Recherchen und möchte eine möglichst schnelle Antwort. |
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Ich wünsche mir mehr visuelle Inhalte anstatt Unmengen von Text. | |
Ich bin überfordert mit der Vielfalt an Optionen und der technischen Sprache zur Diplomanerkennung (z.B. reglementiert, Berufsniveau). | |
Ich habe Mühe, meinen Abschluss / Jobtitel in der Liste für die Diplomanerkennung zu finden. | |
Ich suche Informationen zum Arbeiten in der Schweiz, die über die Diplomanerkennung hinausgehen (z.B. Jobsuche, Ausbildungswege). | |
Ich wünsche mir eine klare Empfehlung / Bestätigung für meinen persönlichen Fall, keine allgemeinen Informationen. Besonders wichtig sind mir folgende Angaben: zuständige Stelle, wo stehe ich, nächste Schritte, Kosten, Dauer, benötigte Dokumente inkl. Übersetzung und Beglaubigung (Hinweise auf finanzielle Unterstützung, falls vorhanden, könnten ebenfalls aufgeführt werden). | |
Ich bin verwirrt über widersprüchliche oder veraltete Informationen verschiedener Stellen, die in die Diplomanerkennung involviert sind. | |
Idealerweise habe ich einen persönlichen Ansprechpartner, der mich während des gesamten Prozesses konstant telefonisch betreut. | |
Ich wünsche mir Übersetzungen in weitere Sprachen wie Spanisch. |
Autor
Samuel Zinniker, SBFI
Projektverantwortlicher Ressort Internationale Bildungszusammenarbeit und Berufsqualifikationen
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