2017 hat das SBFI die Förderinitiative «Personalisierte Medizin» lanciert. Ein erster Rückblick zeigt, dass der Aufbau der nationalen Dateninfrastruktur und die Abstimmung unter den Akteuren erfolgreich waren. Nun startet die Initiative in die zweite Förderperiode. In den Jahren 2021–2024 stehen insbesondere die Konsolidierung des Netzwerks und die Verstetigung der aufgebauten Dateninfrastruktur im Zentrum.

Im Gesundheitswesen werden grosse Datenmengen produziert, insbesondere auch Daten zum Gesundheitszustand von Patientinnen und Patienten. Dank neuer Technologien und Methoden ist es möglich, solche Daten zu verknüpfen und auszuwerten und damit Therapieansätze auf individueller Ebene anzupassen – so die Grundidee hinter dem Begriff «personalisierte Medizin». Um das Potenzial der verfügbaren Daten zu nutzen, müssen viele offene Fragen geklärt werden. Diese betreffen etwa technische Aspekte wie die Datensicherheit und Vergleichbarkeit von Daten, die in sehr unterschiedlichen Kontexten erhoben werden, oder auch ethische und rechtliche Aspekte hinsichtlich dem Teilen und Wiederverwerten von Daten.
Infrastrukturaufbau in der ersten Förderperiode
Aufgrund ihres sehr guten Gesundheitssystems und ihrer ausgezeichneten Hochschulen hat die Schweiz gute Voraussetzungen für die Forschung in der personalisierten Medizin. Um dieses Potenzial auszuschöpfen, hat das SBFI in der Förderperiode 2017–2020 die Initiative «Swiss Personalized Health Network» (SPHN) lanciert und mit insgesamt CHF 68 Mio. unterstützt. Unter dem Vorsitz der Schweizerischen Akademie der Medizinischen Wissenschaften (SAMW) und in Zusammenarbeit mit dem SIB Swiss Institute of Bioinformatics hat die Initiative das Ziel, eine nationale Dateninfrastruktur für klinische und verwandte Daten zu etablieren. Als erste Infrastruktur soll das sogenannte «Datenkoordinationszentrum» die Universitätsspitäler dabei unterstützen, ihre klinischen Gesundheitsdaten nachhaltig vergleichbar und verknüpfbar («interoperabel») zu machen. Zudem soll die vom SIB betriebene IT-Infrastruktur BioMedIT einen Rahmen schaffen, damit klinische Daten sicher übertragen und ausgewertet werden können.
Zur Erreichung seiner Ziele hat SPHN in den letzten vier Jahren eine Mischung aus Top-Down- und Bottom-up-Ansätzen verfolgt. Zum einen hat SPHN mit allen Universitätsspitälern eine Leistungsvereinbarung zu Infrastruktur-Umsetzungsprojekten abgeschlossen, welche die Datenlieferung im Rahmen von Forschungsprojekten sowie die Interoperabilität der Daten ermöglichen. Zum anderen hat SPHN Forschenden in offenen Ausschreibungen die Möglichkeit gegeben, eigene Projekte durchzuführen. Diese dienen dazu, spezifische Infrastrukturen aufzubauen oder zu testen («Infrastructure Development Projects») und in einem bestimmten Forschungsgebiet die Interoperabilität der Daten zu testen («Driver Projects»). Nebst diesen projektbezogenen Förderaktivitäten haben sich Arbeitsgruppen von SPHN mit der Klärung wichtiger ethischer, rechtlicher und sozialer Fragestellungen beschäftigt, aber auch frühzeitig begonnen, systematisch Lücken in der Infrastruktur zur datengetriebenen Gesundheitsforschung zu identifizieren, um den Bedarf an künftigen Aktivitäten zu erkennen.
Erfolge und Herausforderungen
Ende 2020, zur Halbzeit der Förderinitiative, wurden bereits erfolgreich erste Projekte durchgeführt. Die Umsetzung der in den Leistungsvereinbarungen mit den Universitätsspitälern definierten Leistungen ist auf Kurs. 24 Forschungs- und Entwicklungsprojekte laufen – sechs davon gemeinsam mit der Initiative «Personalized Health and Related Technologies» aus dem ETH-Bereich. Zudem wurden innerhalb des Netzwerks wichtige Harmonisierungen und Definitionen von Standards vorgenommen, um dem Ziel der Interoperabilität von klinischen Kerndaten näher zu kommen. Rechtliche und ethische Aspekte der Big-Data-Medizin flossen insbesondere bei der Entwicklung von Vereinbarungen zum Teilen und Verwenden von Daten und biologischen Proben ein.
Die in der ersten Förderperiode von SPHN durchgeführte systematische Analyse von Lücken hat zudem aufgezeigt, dass es in der Schweiz weitere gezielte Anstrengungen braucht, um das Potenzial der Forschung in der personalisierten Medizin auszuschöpfen. Die durch das internationale Advisory Board von SPHN durchgeführte Evaluation identifizierte die Komplexität von klinischen Gesundheitsdaten sowie die komplexe regulatorische Landschaft in der Schweiz als Herausforderungen für die Forschung in der datengetriebenen Medizin. So ermöglicht die IT-Infrastruktur BioMedIT den Forschenden zwar, klinische Daten aus unterschiedlichen Quellen in einer sicheren Umgebung auszuwerten. Der Zusammenzug und die Harmonisierung der Daten stellt aber eine grosse Herausforderung dar.
Ziele für die zweite Förderperiode
Für die zweite und letzte Förderperiode 2021–2024 haben die eidgenössischen Räte auf Antrag des Bundesrats einen finanziellen Rahmen von CHF 67 Mio. für die Förderinitiative SPHN beschlossen. In den nächsten vier Jahren liegt der Fokus insbesondere auf der Konsolidierung der Infrastruktur. Ende 2024 soll das Datenkoordinationszentrum in eine dauerhafte Organisationsstruktur überführt werden, die den Forschenden auch langfristig den Zugang zu und die Nutzung von klinischen Gesundheitsdaten erleichtert. Zum weiteren Aufbau und zur Konsolidierung der Forschungsinfrastruktur wird SPHN, wie bereits in der ersten Förderperiode, wiederum offene Projekt-Ausschreibungen lancieren.
Neben dem Aufbau und dem Betrieb der Infrastruktur und der Klärung von ethischen und rechtlichen Fragen wird SPHN Schnittstellen zu Kohorten und den Quellen anderer Gesundheitsdaten klären. Die wichtigsten identifizierten Lücken sollen geschlossen werden, indem Arbeitsgruppen eingesetzt, der Austausch mit Stakeholdern intensiviert und Empfehlungen erstellt werden.
Projekt gut auf Kurs
Nach der ersten Vierjahresperiode der Förderinitiative SPHN sind gute Voraussetzungen geschaffen, die personalisierte Medizin in der Schweiz voranzutreiben. Dies ermöglicht es, in einem neuen Gebiet der Medizin innovative Forschung im Interesse der Patientinnen und Patienten durchzuführen.
Weitere Informationen
Benedikt Knüsel, SBFI
Wissenschaftlicher Berater Ressort Nationale Forschung
Nicole Schaad, SBFI
Leiterin Ressort Nationale Forschung,
Stv. Leiterin Abteilung Forschung und Innovation