Im Projekt «Positionierung Höhere Fachschulen» hat das SBFI in der ersten Jahreshälfte 2022 zwei erfolgreiche Arbeitstagungen mit den beteiligten Akteuren durchgeführt: Höhere Fachschulen (HF), Organisationen der Arbeitswelt (OdA), Kantone und Hochschulen. An den Tagungen wurden Grundsatzfragen und mögliche Massnahmen zur Positionierung der HF diskutiert sowie Konsense und Differenzen ausgelotet. An einer letzten Arbeitstagung im August 2022 wird die Finanzierung und Governance der höheren Fachschulen behandelt. Die Ergebnisse werden in einem Arbeitsbericht festgehalten und dem Spitzentreffen der Berufsbildung im November 2022 zur Stellungnahme unterbreitet.

Bild: Monique Wittwer
Die höheren Fachschulen (HF) als Teil der höheren Berufsbildung sind im schweizerischen Bildungssystem von grosser Bedeutung. Sie bereiten praxisnah auf anspruchsvolle Fach- und Führungsfunktionen vor und ermöglichen Berufsleuten ohne Maturität den Zugang zu einem Abschluss auf Tertiärstufe. Zwei Motionen aus dem Parlament fordern eine bessere Positionierung der HF. Vor diesem Hintergrund lancierte das SBFI Anfang 2021 im Auftrag von Bundesrat Guy Parmelin das Projekt «Positionierung Höhere Fachschulen». Im Jahr 2021 hat das SBFI die Positionierung der höheren Fachschulen und gestellte Forderungen aus systemischer und rechtlicher Sicht überprüft und durch zusätzliche Analysen ergänzt. Daraus resultierte ein Zwischenbericht, der die Ergebnisse festhält und die von den Verbundpartnern zu diskutierenden Themenfelder benennt.
Arbeitstagungen als offene Diskussionsgefässe für eine gemeinsame Lösungsfindung
Auf Grundlage dieses Zwischenberichts sowie der Ergebnisse der Analysen in den Bereichen Profil, Finanzierung und Governance werden 2022 an drei Arbeitstagungen Grundsatzfragen zu den Themenfeldern sowie mögliche Massnahmen mit den beteiligten Akteuren verbundpartnerschaftlich diskutiert. Zielbild und Orientierungsrahmen bilden dabei die zu Beginn des Projekts formulierten Prämissen des HF-Systems sowie die gemeinsamen bildungspolitischen Ziele von Bund und Kantonen. Insbesondere die unmittelbare Arbeitsmarktorientierung der Abschlüsse dient als Kompass in allen Diskussionen. Die Konzeption und inhaltliche Aufbereitung der Arbeitstagungen sowie die Spiegelung und Nachbereitung der Ergebnisse erfolgt in enger Abstimmung mit der Tripartiten Berufsbildungskonferenz TBBK.
Zielbild und Prämissen

Erste Erkenntnisse aus den Arbeitstagungen
An den bislang durchgeführten Arbeitstagungen herrschte Einigkeit darüber, dass die höheren Fachschulen mit ihrem charakteristischen Merkmal des unmittelbaren Arbeitsmarktbezugs und als eigenständiges Gefäss auf Tertiärstufe nicht in Frage gestellt sind. In der Verbundpartnerschaft herrscht ausserdem breite Zustimmung darüber, dass es Lösungen für die gesamte höhere Berufsbildung braucht. Massnahmen können nicht isoliert für die HF betrachtet werden und dürfen die eidgenössischen Prüfungen nicht benachteiligen. Verbesserungspotenzial wird vor allem im Bereich der Sichtbarkeit und Bekanntheit der höheren Fachschulen und ihrer Abschlüsse geortet. An der Arbeitstagung Mitte August 2022 werden die Analyseergebnisse zu möglichen Optimierungen von Finanzierung und Governance der höheren Fachschulen diskutiert.
Weiteres Vorgehen
Die Ergebnisse der Arbeitstagungen sowie die daraus resultierenden Schlussfolgerungen zu den Massnahmen werden in einem Bericht festgehalten. Dieser wird in den Gremien der Berufsbildung, insbesondere der TBBK, sowie der Hochschulen im Sommer und Herbst 2022 gespiegelt. Schliesslich wird er dem Spitzentreffen der Berufsbildung im November 2022 zur Stellungnahme unterbreitet. Die aus dem Bericht resultierenden weiteren Arbeiten für das Jahr 2023 werden unter Einbezug der betroffenen Akteure erfolgen. Eine Kommunikation und Information der Akteure ist nach dem Spitzentreffen vorgesehen.
1. Bekanntheit und Ansehen der höheren Fachschulen und ihrer Abschlüsse

Wie steht es um Bekanntheit und Ansehen der HF und ihrer Abschlüsse?
Laut HF-Akteuren sind die HF in der Öffentlichkeit zu wenig bekannt und würden zu wenig Ansehen geniessen – insbesondere im Vergleich zu den Fachhochschulen. Dieser Wahrnehmung steht gegenüber, dass die Arbeitsmarktintegration, die Bildungsrendite und die Zufriedenheit der HF-Absolventinnen und HF-Absolventen überdurchschnittlich hoch sind. Gemeinsam mit den Akteuren wird diskutiert, inwieweit Bekanntheit und Ansehen der höheren Fachschulen und ihrer Abschlüsse erhöht werden können.
Diskutierte Massnahmen:
- Bezeichnungsschutz «Höhere Fachschule»
- Institutionelle Akkreditierung bzw. Anerkennung der HF durch Bund oder Kantone
- Einführung eines eidgenössischen Diploms für HF-Bildungsgänge mit Schweizerwappen (analog eidgenössische Prüfungen)
- Einführung eines Bachelor-Titels («Professional Bachelor»)
- Entwicklung eines übergreifenden HF-Brands
- Sensibilisierungs- und Kommunikationsmassnahmen
2. Profil der Bildungsgänge an höheren Fachschulen und ihre Schnittstellen

Wie sind die HF im Bildungssystem verortet? Welche Schnittstellen bestehen?
Die HF und die eidgenössischen Prüfungen bilden zusammen die höhere Berufsbildung. Diese ist gemeinsam mit den Hochschulen auf der Tertiärstufe des Bildungssystems angesiedelt. Dieses Themenfeld untersucht das Verhältnis der HF-Angebote innerhalb der höheren Berufsbildung sowie zu den Angeboten der Hochschulen. Es wird der Frage nachgegangen, ob es eine Klärung der aktuellen Profile der HBB-Bildungsgefässe braucht. Ausserdem wird diskutiert, wie die HF-Bildungsgänge gegenüber den Bildungsgängen der Hochschulen – insbesondere jenen der Fachhochschulen (Bachelor FH, hochschulische Weiterbildung CAS / DAS / MAS) – positioniert werden sollen.
Diskutierte Massnahmen:
- Bildungsgefässe innerhalb der höheren Berufsbildung optimal abstimmen.
- Verhältnis zum Hochschulsystem klären
(Bachelor FH, CAS / DAS / MAS). - ECTS an den HF einführen.
- Anschluss ans Hochschulsystem via Short-Cycle-Programme ermöglichen.
- Anrechnung von HF-Abschlüssen beim Übertritt an eine Fachhochschule vereinfachen.
- Engere Zusammenarbeit mit den Fachhochschulen fördern.
3. Mobilität im nationalen und internationalen Kontext

Wie kann die internationale Mobilität der
HF-Absolventinnen und HF-Absolventen gefördert werden?
HF-Abschlüsse geniessen auf dem Schweizer Arbeitsmarkt hohe Akzeptanz. Beim Zugang zum ausländischen Arbeitsmarkt sowie zu Bildungsangeboten im Ausland jedoch äussern HF-Akteure Probleme mit Blick auf die Bekanntheit und Anerkennung der HF-Abschlüsse.
Es wird geprüft und diskutiert, welche Hindernisse in Bezug auf den Zugang zum Arbeitsmarkt und zu Bildungsangeboten im In- und Ausland bestehen und welche Massnahmen die internationale Positionierung und Anschlussfähigkeit der HF-Abschlüsse verbessern könnten.
4. Finanzierung der Bildungsgänge HF und Governance
(Steuerung der HF-Abschlüsse)

Sind die Bereiche Finanzierung, Governance und Anbieterstruktur zukunftsfähig und effizient ausgestaltet?
Im Rahmen des Projekts «Positionierung Höhere Fachschulen» werden die strukturellen Rahmenbedingungen der HF (Finanzierung, Governance, Anbieterstruktur, Nachfrage) hinsichtlich Effizienz und Zukunftsfähigkeit geprüft. Themen dieser Arbeitstagung sind die Finanzierung und die Governance der HF. Beide Fragestellungen wurden in einer Studie von BSS Volkswirtschaftliche Beratung untersucht. Die Resultate dienen als Grundlage für die Arbeitstagung.
An der Arbeitstagung im August zu diskutierende Massnahmen:
- Revision der kantonalen HF-Finanzierung
- Stärkere Subventionierung der Studienkosten
- Angleichung der Finanzierung innerhalb der höheren Berufsbildung
- Weiterentwicklung der Governance der Berufsbildung
Autorin
Hannah Schrieverhoff, SBFI
Projektverantwortliche Ressort Höhere Berufsbildung