ESS, European Spallation Source, Lund (SE)

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Die European Spallation Source ESS in Lund (Schweden) ist eine im Bau befindliche Forschungsanlage, die lange Pulse von Neutronenstrahlung mit sehr hoher Intensität erzeugen wird. Anders als die in der Materialforschung üblicherweise verwendete Röntgenstrahlung wechselwirkt Neutronenstrahlung nicht mit der Elektronenhülle von Atomen der untersuchten Materialien. Sie erlaubt daher Struktur- und Dynamikuntersuchungen von Materialien auf molekularer und atomarer Skala, die mit Röntgenstrahlung nicht möglich sind.

Die ESS wird die weltweit leistungsfähigste Neutronenquelle sein und damit einzigartige Möglichkeiten für Spitzenforschung bieten, sowohl im Hinblick auf angewandte als auch grundlagenorientierte Fragestellungen. Ob es darum geht, archäologische Artefakte oder Metallbauteile zu durchleuchten, biomolekulare Prozesse zu analysieren, die elektronische Struktur und Dynamik neuartiger Supraleiter zu verstehen oder den Ursachen der Paritätsverletzung in der Elementarteilchenphysik auf den Grund zu gehen, die ESS wird auf diesen und anderen Forschungsgebieten neue Erkenntnisse und Technologiefortschritte ermöglichen.

Diese internationale Forschungsinfrastruktur ist in Schweden und Dänemark angesiedelt und hat die Rechtsform eines European Research Infrastructure Consortium (ERIC). Die Schweiz ist der ESS-ERIC am 13. Juli 2015 als Gründungsmitglied beigetreten, gerade als die Bauarbeiten begannen.

Die Kosten für Bau und Betrieb der ESS bis 2026 werden voraussichtlich 2,65 Mia. Euro betragen, wovon 1,84 Mia. Euro auf den Bau entfallen (in Preisen von 2013). Eine erste Betriebsphase begann im Jahr 2019, parallel zur Fertigstellung des Infrastrukturbaus. Es wird geschätzt, dass der Vollbetrieb ab 2026 rund 140 Mio. Euro pro Jahr kosten wird.

Anders als bei klassischen Neutronenstrahlungsquellen (zum Beispiel die vom Institut Laue-Langevin - ILL - in Grenoble genutzte Quelle) werden die Neutronen an der ESS nicht durch Kernspaltung in einem Reaktor, sondern durch Spallation mittels Beschuss von Metall (Wolfram) mit Protonen erzeugt. Sowohl mit der verwendeten Technologie als auch mit den Leistungsdaten betritt die ESS dabei Neuland und große Wissensfortschritte werden erwartet.

Neutronenquellen werden bereits in den Vereinigten Staaten (u.a. HFIR, Reaktor; SNS, Spallation), in Japan (JPARC, Spallation), Deutschland (z.B. FRM II und BER II, Reaktoren), in Frankreich (ILL, Reaktor) und nicht zuletzt auch in der Schweiz (SINQ, Spallation) betrieben. Aufgrund ihrer höheren Leistung wird die ESS diese Einrichtungen ergänzen, indem sie neue Forschungsperspektiven eröffnet, die mit den derzeitigen Neutronenquellen nicht zugänglich sind.

Schweizer Beteiligung

Die Schweiz hat sich von Beginn weg an der Planung und am Bau der ESS beteiligt und wird sich auch beim Betrieb der Anlage engagieren. Mit dem Bundesbeschluss vom 20. März 2015 zur Beteiligung der Schweiz an der ESS-ERIC haben die eidgenössischen Räte für den Zeitraum bis 2026 Mittel von insgesamt 130 Mio. CHF bewilligt, was etwa 3,5% der Kosten für den vollständigen Bau und für die ersten Teilbetriebsjahre bis 2026 entspricht. Dieser Kredit wurde mit dem Bundesbeschluss vom 16. September 2020 um 35,6 Mio. CHF erhöht. Schweizer Forschende und Institutionen wie das PSI oder die EPFL haben sich bereits in der Planungsphase der ESS prominent beteiligt und werden sich auch zukünftig stark einsetzen. Ein Teil des Schweizer Beitrags zur ESS-ERIC erfolgt in Form von Komponenten, die an Schweizer Forschungseinrichtungen entwickelt wurden.

Die Schweizer Beteiligung an der ESS ergänzt die Investitionen in bestehende Neutronenstrahlungsanlagen auf nationaler (SINQ) und internationaler Ebene (ILL), mit denen für Schweizer Forschende der bestmögliche Zugang zu solchen Spitzenforschungsinfrastrukturen sichergestellt wird. Die Schweizer Beteiligung an der ESS fällt unter die Zuständigkeit des Staatssekretariats für Bildung, Forschung und Innovation SBFI.

Im Rahmen der Beteiligung der Schweiz an ESS ergeben sich auch für Schweizer Industriebetriebe Gelegenheiten, sich auf Ausschreibungen der ESS zu bewerben. Interessierte Betriebe und Institutionen wenden sich für nähere Informationen an das «Swiss ILO Office».

Kontakt

SBFI, Xavier Reymond
Leiter der Schweizer Delegation im ESS ERIC Rat

Prof. Christian Rüegg
Wissenschaftlicher Delegierter für die Schweiz

SBFI, Simon Berger
Schweizer Vertreter im ESS ERIC Finanzkomitee

https://www.sbfi.admin.ch/content/sbfi/de/home/themen/internationale-forschungs--und-innovationszusammenarbeit/beteiligung-der-schweiz-an-internationalen-forschungsorganisatio/ess.html