Die europäische Forschungsförderung hat eine lange Tradition, die bis in die 1950er-Jahre zurückreicht. Die Einführung der Rahmenprogramme für Forschung und Innovation erfolgte 1984. Das war ein wichtiger Schritt zur Stärkung der wissenschaftlichen Zusammenarbeit in Europa. Die Schweiz nimmt seit dem ersten Rahmenprogramm in verschiedenen Formen daran teil.
Bereits in den 1950er-Jahren förderten die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) und die Europäische Atomgemeinschaft (Euratom) Forschung in den Bereichen Kohle und Kernkraft. Das erste Forschungsprogramm der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG), das über diese Themen hinausging, wurde in den 1970er-Jahren eingeführt. In den frühen 1980er-Jahren erkannten die Europäischen Gemeinschaften die Notwendigkeit einer umfassenden Forschungsstrategie und lancierten 1984 das erste Rahmenprogramm.
Mit der Gründung der EU 1993 änderten sich Fokus und Struktur der Rahmenprogramme. Anfangs förderten sie vor allem Grundlagenforschung. Später entwickelten sie sich zu den «EU-Rahmenprogrammen für Forschung und Innovation», die den gesamten Innovationsprozess abdecken und wissenschaftliche Karrieren fördern.
Mit der Erweiterung der Rahmenprogramme stieg auch ihr Budget stetig an. Neue thematische Schwerpunkte wie Innovation und Klimaschutz rückten in den Vordergrund. Bis zum dritten Rahmenprogramm war das Euratom-Programm Teil der Rahmenprogramme, danach und bis heute wird es separat geführt.
→ Neben den Rahmenprogrammen fördert die EU Forschung und Innovation durch weitere Programme und Initiativen. Eine Übersicht der für die Schweiz relevanten Programme finden Sie hier.
Schweizer Beteiligung im Überblick
Seit den 1950er Jahren leistet die Schweiz einen wichtigen Beitrag zur europäischen Forschung und Innovation, sowohl im Rahmen der Zusammenarbeit mit der EU, als auch als Mitglied von zahlreichen internationalen Forschungsorganisation. Seit 1987 beteiligen sich Forschende und Innovatoren in der Schweizer an den Rahmenprogrammen.
→ Eine detaillierte Übersicht über die Schweizer Beteiligung an den Rahmenprogrammen finden Sie in unserer Publikation «Beteiligung der Schweiz an EU-Programmen und -Initiativen für Forschung und Innovation: Zahlen und Fakten 2023»
Die einzelnen Rahmenprogramme und die Schweizer Beteiligung
Das erste Rahmenprogramm lief über vier Jahre und hatte ein Budget von 3,3 Milliarden Euro (inkl. Beiträge zum Euratom Programm). Sowohl das erste als auch das zweite Rahmenprogramm waren auf die Stärkung der industriellen Wettbewerbsfähigkeit ausgerichtet. Der Bereich Energie machte ungefähr die Hälfte des Budgets aus, gefolgt von Informations- und Kommunikationstechnologien. Obwohl die meisten Programme nach dem Top-down-Prinzip organisiert waren, gab es auch Bottom-up-Aktivitäten wie die Förderung der Mobilität von Forschenden.
→ Seit 1987 hat die Schweiz als nicht assoziiertes Land Zugang zu den Rahmenprogrammen. Die ersten Projekte mit Schweizer Beteiligung begannen 1988. Die Finanzierung erfolgte aus Eigenmitteln der Projektteilnehmenden.
Die Einheitliche Europäische Akte wurde 1986 unterzeichnet und enthielt erstmals ein Kapitel über Forschung in einem EU-Vertrag. Damit entstand ein klarer Rechtsrahmen für die Verabschiedung der Rahmenprogramme. Das Gesamtbudget des zweiten Rahmenprogramms betrug 5,4 Milliarden Euro (inkl. Beiträge zum Euratom-Programm). Neu machten die Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) auf Kosten der Energie den grössten Teil des Budgets aus. Das Programm legte daneben besonderen Fokus auf den Zugang zu Forschungsinfrastrukturen. Es förderte die Mobilität von Forschenden und unterstützte Akteure im Innovationsprozess. Auch kleine und mittlere Unternehmen (KMU) wurden einbezogen.
→ Die Schweiz nahm als nicht assoziiertes Land am zweiten Rahmenprogramm teil. Die Finanzierung erfolgte aus Eigenmitteln der Projektteilnehmenden.
Im dritten Rahmenprogramm wurde das Konzept der Multidisziplinarität eingeführt. Die Programme sollten technologischen Herausforderungen begegnen. Der Forschungsbereich Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) blieb der grösste. Das Budget des dritten Rahmenprogramms stieg auf 6,6 Milliarden Euro (inkl. Beiträge zum Euratom-Programm).
→ Die Schweiz beteiligte sich als nicht assoziiertes Land am dritten Rahmenprogramm. Ab 1992 stellte der Bund Gelder für die Teilnahme zur Verfügung.
Das vierte Rahmenprogramm brachte grosse Fortschritte im Vergleich zu seinem Vorgänger. Der Vertrag von Maastricht, 1992 unterzeichnet, machte die Rahmenprogramme zu zentralen Finanzinstrumenten der EU-Forschung. Der Fokus verlagerte sich von reiner Forschung und Innovation hin zur Bewältigung gesellschaftlicher Herausforderungen. Das Budget verdoppelte sich im Vergleich zum Vorgänger auf 13,1 Milliarden Euro (inkl. Beiträge zum Euratom-Programm).
→ Die Schweiz nahm als nicht assoziiertes Land am vierten Rahmenprogramm teil. Der Bund stellte dabei Gelder für die Teilnahme zur Verfügung.
Das fünfte Rahmenprogramm der EU baute auf seinem Vorgänger auf, mit einem Budget von 14,9 Milliarden Euro (inkl. Beiträge zum Euratom-Programm). Es konzentrierte sich auf vier thematische Programme, die klar definierte Herausforderungen abdeckten. Ein wesentlicher Unterschied zu den Vorgängerprogrammen war die Zunahme der Projektgrösse. Einige Verbundprojekte involvierten mehr als 80 Partner.
→ Die Schweiz nahm als nicht assoziiertes Land am fünften Rahmenprogramm teil. Der Bund stellte dabei Gelder für die Teilnahme zur Verfügung.
1997 wurde der Vertrag von Amsterdam unterzeichnet, der die Forschungspolitik der EU neu ausrichtete. Das Konzept des Europäischen Forschungsraums (EFR) wurde entwickelt und 2000 in die Lissabon-Strategie integriert. Ziel war es, die EU zum weltweit wettbewerbsfähigsten Wissensraum zu machen. Die darauffolgenden Rahmenprogramme dienten der Umsetzung dieser EU-Forschungspolitik. Das sechste Rahmenprogramm verfügte über ein Budget von 19,1 Milliarden Euro (inkl. Beiträge zum Euratom-Programm).
→ Ab dem 1. Januar 2004 beteiligte sich die Schweiz zum ersten Mal mit dem Status eines assoziierten Landes an den EU-Rahmenprogrammen für Forschung und Innovation. Die Assoziierung war mit einem Pflichtbeitrag des Bundes an die EU verbunden.
Mit dem siebten Rahmenprogramm wurden wichtige Änderungen eingeführt und der Geltungsbereich des Programms auf explorative Forschung und Innovationstätigkeiten ausgeweitet. Es dauerte erstmals sieben statt fünf Jahre. Das Budget betrug 55,6 Milliarden Euro (inkl. Beiträge zum Euratom-Programm, ohne ITER) und war damit unter Berücksichtigung der neuen Laufzeit doppelt so hoch wie beim Vorgänger. Das siebte Rahmenprogramm wurde weitreichend vereinfacht, um die Effizienz zu steigern und Forschenden den Zugang zu erleichtern. Mit der Errichtung des Europäischen Forschungsrates (ERC) wurde die Bottom-up-Grundlagenforschung gefördert. Die Fusionsforschung wurde im Rahmen des Euratom PFA verstärkt, um den Bau und Betrieb von ITER zu unterstützen.
→ Die Schweiz nahm am siebten Rahmenprogramm als assoziiertes Land teil. Die Assoziierung war mit einem Pflichtbeitrag des Bundes an die EU verbunden.
Der Vertrag von Lissabon, der Ende 2009 in Kraft trat, bildete die Rechtsgrundlage für Horizon 2020, das achte Rahmenprogramm. Damit wurden die Ziele der EU-Forschungspolitik erweitert. Der Schwerpunkt wurde von der industriellen Wettbewerbsfähigkeit weg, hin zur Umsetzung des EFR -Konzepts verschoben. Das Budget wurde im Vergleich zum 7. Programm um knapp 50% erhöht und belief sich auf 82 Milliarden Euro (einschliesslich Euratom-Programm und ITER). Die Innovation erhielt in Horizon 2020 deutlich mehr Gewicht, einerseits durch die Integration des Europäischen Innovations- und Technologieinstituts (EIT). Anderseits durch die Einführung zweier Pilot-Grossprojekte, sogenannter Flagships, für künftige und neu entstehende Technologien (Future and Emerging Technologies, FET-Flagships).
→ Von 2014 bis 2016 nahm die Schweiz als teilassoziiertes Land am 8. Rahmenprogramm teil. Für die verbleibende Laufzeit des Programms erhielt die Schweiz den Status eines voll assoziierten Landes. Während der Teilassoziierung stellte der Bund Gelder für die Bereiche ohne EU-Finanzierung zur Verfügung. Für die assoziierten Bereiche bezahlte die Schweiz einen jährlichen Pflichtbeitrag an die EU.
Das aktuelle neunte Rahmenprogramm, Horizon Europe, dauert von 2021 bis 2027. Es wird zusammen mit dem Euratom-Programm, ITER und DEP aus Schweizer Sicht zum Horizon-Paket zusammengefasst.
→ Aktuelle Informationen zum Status der Schweiz im Horizon-Paket finden Sie hier.